Die Kochkunst ist die Fertigkeit, Speisen und Getränke schmackhaft, abwechslungsreich, appetitlich, verdaulich, nahrhaft und zuträglich für die menschliche Ernährung zu bereiten.
Kochkunst in der Jungsteinzeit
Die Kochkunst entwickelte sich, wie alle Künste, im Orient. In der Jungsteinzeit begann der Mensch, sesshaft zu werden. Er machte Schaf, Ziege, Schwein, Rind und Pferd zu Haustieren, baute Gerste, Weizen und Hirse an und schuf sich Gefäße aus Ton. Damit waren die Voraussetzungen für eine große Auswahl von Speisen gegeben. Die Babylonier züchteten bereits Hühner und backten Brot. In Ägypten treffen wir erstmalig die Hausgans. In den Gärten der Vornehmen wurden Tausende von Schildkröten gemästet, um aus ihnen köstliche Suppen und Ragouts zu bereiten. Bier, Kuchen und Süßigkeiten bereicherten die Mahlzeiten. Leider haben uns die Hieroglyphen bisher kein Rezept verraten.
Kochkunst im alten Griechenland
Die Griechen übernahmen die ägyptische Kochkunst und führten sie zu hoher Blüte. Archestratos, der Leibkoch des Sagenhelden Achill, soll das erste Kochbuch verfasst haben. Seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. entstanden zahlreiche Rezeptsammlungen, darunter die des Mithaikos aus Syrakus. Griechische Köche verwöhnten die wohlhabenden Römer, die aus allen Ländern ihres Reiches die erlesensten Leckerbissen herbeischafften: Austern aus Britannien, Weinbergschnecken, Trüffeln und herrliche Schimmelkäse aus Gallien, geräucherte Schinken aus Germanien, Gewürze aus Ägypten und dem Vorderen Orient, Wein aus Rhodos. Die Kunst der Köche wurde mit Gold aufgewogen. Aber diese Kunst wurde immer üppiger und entartete schließlich. Die schwelgerischen Gastmähler des Apicius, Lucullus, Trimalchio, Vitellius und Heliogabalus gingen in die Geschichte ein.
Die Kochkunst der Germanen
Die Germanen aßen einfach, aber keineswegs barbarisch. Wild, Rebhühner, Hausgans, Fische und Muscheln bereicherten die germanische Küche. Auch Erbsen, Linsen, Möhren und sogar der Spargel waren bekannt. Exotische Leckerbissen kamen allerdings nicht auf ihre Tafel, denn den Germanen fehlte die weltweite Transportorganisation der Römer.
Kochkunst im Mittelalter
Im Mittelalter wurden die Klöster zu kulturellen Zentren, in denen auch die altüberlieferte Kochkunst wieder gepflegt wurde. Besonders die mit Rom verbundenen Klöster tauschten Nahrungs- und Genussmittel aus und entwickelten eine fast international zu nennende Gastronomie.
Kochkunst in der Renaissance
In der Renaissance feierten die pompösen Gelage der Cäsarenzeit eine glänzende Auferstehung. Die Hochzeit von Georges de Ribeaupierre mit Elisabeth von Halffenstein im Jahre 1543 brachte das wohl gewaltigste Festmahl aller Zeiten:
- 9 Ochsen,
- 18 Kälber,
- 100 Spanferkel,
- 100 Rehböcke,
- 152 Kapaunen,
- 200 Poularden,
- 120 Enten,
- 80 Gänse,
- 60 Rebhühner,
- 70 Schnepfen und 200 Stück anderes Wildbret
hatten die Köche zu raffiniertesten Gerichten verarbeitet. In den Kreuzzügen hatte das Abendland die exotischen Gewürze wiederentdeckt. Über Venedig kamen Pfeffer, Ingwer, Zimt, Muskat, Gewürznelken nach Europa. Das Gewürz wurde zum Gradmesser des Wohlstandes. Das Ansehen der Gastgeber wuchs mit der Menge der verwendeten Spezereien.
Die Italiener versuchten als erste, die Kochkunst wieder in natürliche Bahnen zu lenken. Mit Katharina di Medici kamen tüchtige sizilianische Köche nach Frankreich. Hier fielen die neuen Ideen auf fruchtbaren Boden. Frankreich begann, die Kochkunst in ungeahnte Höhen zu führen.
Zeitalter der klassischen Kochkunst
Das Zeitalter der klassischen Kochkunst begann unter Ludwig XIV., dem Sonnenkönig und größten aller Schlemmer. Unter Ludwig XV. und Ludwig XVI. setzte sich diese Aufwärtsentwicklung der Gastronomie fort. Während der Regierungszeit Ludwigs XVIII. erschien der unvergleichliche Careme, der König der Köche. Seine äußerst schwierigen Rezepte erforderten von den Köchen ein hohes und fachliches Können. Allerdings war für Careme das Anrichten der Speisen fast wichtiger als das eigentliche Gericht. Die französische Küche eroberte Europa und Amerika. Französisch war die Sprache der Köche, und auch heute noch lassen zahlreiche küchentechnische Begriffe ihre französische Herkunft erkennen.
Kochkunst um die Jahrhundertwende
Um die Jahrhundertwende wies Escoffier, der Schöpfer der modernen Kochkunst, den Weg zur Einfachheit, Gediegenheit und geschmacklichen Vollendung der Speisen. Alles, was auf dem Teller ist, muss man essen können. Die Speisefolgen sind bis ins Detail nach ästhetischen, gastronomischen und ernährungswissenschaftlichen Grundsätzen zusammenzustellen. Auf diesem Weg befindet sich die Kochkunst auch heute noch. Man besinnt sich der nationalen Küche, interessiert sich für Spezialitäten fremder Länder und kreiert täglich neue Gerichte, in der Hoffnung, dass vielleicht einmal ein ganz großes dabei sein wird. Denn, wie sagte doch Brillat-Savarin: "Die Entdeckung eines neuen Gerichtes trägt mehr zum Glück der Menschheit bei als die eines neuen Gestirns."